Biographie

Am 28. Februar 1997 begann meine persönliche Zeitrechnung. Laut Angaben meiner Mutter war es eine zähe und sich mitunter schmerzhaft in die Länge ziehende Geburt, verbunden mit einem anschließenden heftigen Schock: ich habe vorerst nicht geschrien, geschweige denn geatmet. Dafür kann ich jetzt brüllen, dass sich die Bühnenbalken biegen. Zu den Spätfolgen meines ersten Nichtatmens zählen impulsive Verrücktheit (inzwischen etwas gezügelter und auf Kommando einzusetzen), verminderter Respekt vor der Schwerkraft, immer wieder auftretendes Aussetzen der körperlichen Schmerzgrenze sowie vorübergehende
Phasen einer zum Glück noch sympatischen Orientierungslosigkeit.
Nach erfolgreicher Reanimierung meiner blutjungen Lungen tat ich meinen ersten Atemzug im Herzen von Köln. Dort verlebte ich auch meine ersten vier Lebensjahre; im vierten Jahr besuchte ich einen Kölner Kindergarten und ich weiß noch, dass es dort immer zu wenig zu essen gab. Erleichtert war ich dann, als gewisse Umstände es mir erlaubten, den Kindergarten zu wechseln und zwar in die Arche Noah nach Much. Much – dieses weitläufige und so unglaublich viele Ortschaften umfassende Kaff im Bergischen Land, das erst jetzt langsam beginnt, mich los zu lassen. In Much und dessen Teilgebieten habe ich allein fünf Umzüge mit erlebt und mit gestaltet, eine Grundschule besucht, sowie eine Realschule; ich habe in Much mein erstes Geld verdient und bin das erste Mal Auto gefahren und ich habe dort auch das erste Mal Theater gespielt. Mit knappen 11 Jahren hatte ich die Ehre ein eher kleineres Publikum als stark unfallgefährdeter Kellner, exzentrischer Regisseur oder hoffnungslos verknallter Schulromeo unterhalten zu können. Eine Theaterpädagogin sagte meinen Eltern mal, es sei mit einer harten Gefängnisstrafe zu sanktionieren, wenn meine Zukunft nicht im Theater gesichert wäre. Vielleicht hatte diese Aussage recht große Auswirkungen auf das Jetzt.
Ich erkannte schnell, dass das Paul Klee Gymnasium in Overath, welches ich nach meiner erhaltenen mittleren Reife besuchte, und ich, sich nicht einig werden konnten. Nicht das ich nicht gerne gelernt hätte… aber eben nicht auf die Schulnoten orientierte und Meinungs- wie Sinnbefreite Weise. Also blieb mir nichts anderes übrig, als schon nach einem Jahr den Parabelrechnungen und Textanalysen Lebewohl zu sagen und mich nach Siegburg auf die Theaterschule zu begeben.
Warum nach Siegburg? Wie ich bereits mit 11 Jahren im Jugendzentrum von Much erkannte, war und ist Theater absolut mein Ding, also gedachte ich daraus ein Hobby zu machen und den in der Schule aufgekarrten Ballast ein bis zwei Mal wöchentlich abzuwerfen. Die Studiobühne Siegburg erklärte sich dazu bereit, mich in ihre Theater AG aufzunehmen und so war ich bereits Pickel aus dem Klassenfeind, habe als Agamemnon meine Tochter geopfert und als Lukas Kunewski meinen Klassenkameraden zum Selbstmord getrieben – bevor ich im Sommer 2014 meine Ausbildung zum Schauspieler an eben dem selben Orte antreten durfte. Ab dem Antritt der Ausbildung an der Schauspielschule Siegburg hat sich viel ereignet. Ich habe getanzt, gespielt, gesungen, choreografiert, gelernt, gelehrt, geliebt, gelesen, geschrieben, geheult, gejubelt, bin gescheitert und habe es überwunden und letzten Endes am 05 Februar 2018 meine Bühnenreife erhalten. Als ich kurz danach bei den Damen und Herren der ZAV Köln vorstellig wurde, kam mir eine Sache zu Gute, deren Dienste ich ihr niemals vergessen werde. Mein alter Golf 3. Dieses knatternde, rote Gefährt hat mich tapfer durch ganz Deutschland kutschiert – von Vorsprechen zu Vorsprechen. Hiermit wäre ich da angekommen, wo ich mich tatsächlich gerade befinde: In der Gegenwart; kurz davor Ensemble Mitglied eines Theaters in Singen mit dem Namen „die Faerbe“ zu werden.